Regionale und globale statische Schwerefeldbestimmung
Hintergrund
Die Schwerkraft auf der Erdoberfläche variiert von Punkt zu Punkt. Das liegt daran, dass der Erdkörper eine kompliziertere Form als eine Kugel besitzt und die Massendichte im Erdinnern inhomogen ist. So ist die Erde auf Grund ihrer Rotation abgeplattet, d.h. die Halbachse des Erdkörpers ist an den Polen etwa 20 km kleiner als am Äquator. Aber auch das Rotationsellipsoid stellt nur eine grobe Näherung der Form der Erde dar. Die Topographie auf den Kontinenten und die Bathymetrie der Meeresböden weicht um bis zu mehrere Kilometer vom Bezugsellipsoid ab. Auch die Wasseroberfläche der Ozeane, also die Höhenbezugsfläche Normal-Null, hat gegenüber dem Bezugsellipsoid Beulen und Dellen von bis zu 100 m aufgrund von Schwerkraftunterschieden, die durch Dichtevariationen im Erdmantel verursacht werden. Das bedeutet, dass das Schwerefeld die Form des Erdkörpers bestimmt. Die nebenstehende 3D-Abbildung zeigt stark überhöht die Abweichung der Höhenbezugsfläche Normal-Null vom Rotationsellipsoid, das sog. Geoid. In seiner Form ähnelt sie einer Kartoffel („Potsdamer Kartoffel“). Die genaue Kenntnis der Feinstruktur des Erdschwerefeldes im globalen Maßstab ist wichtige Voraussetzung zum Verständnis von Aufbau und Dynamik des Erdkörpers. Außerdem gestatten gravimetrische Vermessungen auch die Untersuchung geologischer Strukturen wie Störungszonen, Verwerfungen, Salzstöcke und vulkanische Formationen sowie Erzlagerstätten.
Die großräumigen Strukturen im Schwerefeld, angefangen von der Abplattung bis zur räumlichen Auflösung von ca. 80 km, werden mit Hilfe von Satelliten durch präzise Vermessung der Bahnstörungen, Abstandsmessungen zwischen zwei Satelliten sowie Satelliten-Gradiometrie homogen berechnet. Prominente Beispiele für Satellitenmissionen zur Schwerefeldbestimmung unter Beteiligung des GFZ sind GRACE, GRACE-FO und GOCE.
Eine höhere räumliche Auflösung erreicht man durch die Kombination der Satellitendaten mit bodengestützten Schweremessungen und Schweredaten aus der Schiffs- und Fluggravimetrie sowie Radar-Altimetrie. Am GFZ werden auf diesem Wege globale statische Schwerefeldmodelle rein aus Satellitendaten wie GO_CONS_GCF_2_DIR_R6 sowie kombinierte Schwerefeldmodelle wie EIGEN-6C4 berechnet.
Zur Verbesserung der Datenbasis für kombinierte Schwerefeldmodelle setzt das GFZ zwei mobile Gravimeter auf Schiffen und Flugzeugen ein, und zwar ein Gravimeter vom Typ Chekan-AM der russischen Firma CSRI "Elektropribor" und ein neuartiges Strapdown-Gravimeter vom Typ iCORUS des deutschen Herstellers iMAR Navigation & Control. Die mit diesen Geräten gewonnenen Messdaten werden auch für regionale Schwerefeldmodell-Bestimmungen genutzt.
Eine weitere Steigerung der räumlichen Auflösung globaler statischer Schwerefeldmodelle ist durch sog. Vorwärts-Modellierung möglich. Wir berechnen mittels numerischer Integration des Newtonschen Gravitationsgesetzes unter Verwendung digitaler Geländemodelle und Dichtedaten ein globales Schwerefeldmodell der Erdkruste, das man dann mit Satelliten- und terrestrischen Schwerefeldmodellen kombiniert wird.
Wissenschaftliche Schlüsselfragen
- Wie lässt sich die räumliche Auflösung globaler statischer Schwerefeldmodelle durch die Kombination mit terrestrischen Schweredaten und Topographie-basierter Vorwärtsmodellierung erhöhen?
- Wie erzielt man eine höhere Genauigkeit der globalen statischen Schwerefeldmodelle?
- Wie verbessern globale statische Schwerefeldmodelle das Wissen über den Aufbau des Erdkörpers?
Zugehörige Projekte