GOCE | Satellitenmission zur Erforschung des Schwerefeldes und der Ozeanströmungen

Der Forschungssatellit GOCE (Gravity Field and Steady-State Ocean Circulation Explorer) war die erste Mission des Forschungsprogramms “Living Planet” der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. GOCE vermaß das Schwerefeld der Erde im globalen Maßstab in einer räumlichen Auflösung von ca. 100 km. Das ist bis heute beträchtlich präziser als alle früheren und aktuellen Schwerefeld-Satellitenmissionen.

Eine der wichtigsten wissenschaftlichen Zielstellungen der GOCE-Mission war das Studium der globalen Meeresströmungen. Die Strömungen in den Weltmeeren verursachen Abweichungen des Meeresspiegels von seiner Gleichgewichtsfläche gegenüber dem Erdschwerefeld. Diese Abweichungen werden als Dynamische Ozeantopografie bezeichnet und können bis zu zwei Meter in der Höhe betragen. Aus der Kenntnis der Meerestopografie können Rückschlüsse auf die Wasserzirkulationen in den Ozeanen und damit verbundene Klimaveränderungen gezogen werden.

Weitere Forschungsgegenstände der GOCE-Mission waren neben der Mantelkonvektion und der Struktur der Erdkruste die Berechnung eines sehr genauen globalen Höhenbezugssystems, das für die präzise Überwachung des Meeresspiegels und das Verständnis seiner Veränderungen unbedingt notwendig ist.

Der entscheidende Schwerefeld-Sensor auf dem GOCE-Satelliten war ein Satelliten-Gradiometer. Ein solches Instrument befand sich hier überhaupt zum ersten Mal auf einem Satelliten. Um die gewünschte Messgenauigkeit zu erreichen, umkreiste GOCE die Erde in einer sehr niedrigen Bahnhöhe von ca. 250 km. Dazu wurde der Satellit mit einem Ionentriebwerk ausgerüstet (ein sog. Drag Free Control System), das die nicht-gravitativen Störkräfte kompensiert (z.B. die Reibung der Hochatmosphäre und den Strahlungsdruck). Dadurch befand sich GOCE beim Umrunden der Erde praktisch im freien Fall. Außerdem war GOCE mit einem in Europa entwickelten GPS-Empfänger ausgestattet, der die Bestimmung der Bahnposition mit Zentimeter-Genauigkeit ermöglichte.

Das GFZ verfügt über längjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Satelliten-Schwerefeldbestimmung und war deshalb Kooperationspartner im Projekt „GOCE High Level Processing Facility (GOCE-HPF)“. Die GOCE-HPF-Projektpartner prozessierten im Auftrag der ESA die GOCE-Messdaten. Die Projektleitung lag bei der Technischen Universität München. GOCE-HPF bestand aus einem Konsortium wissenschaftlicher Einrichtungen aus Deutschland, Frankreich, Dänemark, Italien, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden.

Innerhalb der GOCE-HPF berechnete das GFZ im Auftrag der ESA GOCE-Schwerfeldmodelle nach dem sog. Direkten Algorithmus. Bis 2019 wurden sechs Ausgaben solcher GOCE-Schwerefeldmodelle durch die ESA veröffentlicht. Diese Modelle sind am GFZ auf der Webseite des International Centre for Global Earth Models (ICGEM) frei herunterladbar.

Das GFZ hat eine lange Tradition in der Erzeugung hochauflösender Erdschwerefeldmodelle aus der Kombination von Satellitendaten mit terrestrischen Schweremessungen. Die Berechnung solcher Modelle erfolgt dabei routinemäßig in enger Zusammenarbeit mit der französischen Groupe de Recherche de Geodesie Spatiale (Toulouse) im Rahmen der EIGEN-Schwerefeldprozessierung (EIGEN = European Improved Gravity model of the Earth by New techniques). GFZ und GRGS veröffentichten eine Reihe kombinierter globaler Schwerefeldmodell, die GOCE-Messdaten enthalten. Das daraus aktuellste Modell EIGEN-6C4 (Förste et al. 2014) besteht aus einem Datensatz von Kugelfunktionskoeffizienten bis Grad und Ordnung 2190. Das entspricht einer räumlichen Auflösung von ca. 10 km. EIGEN-6C4 kann am GFZ auf der Webseite des ICGEM heruntergeladen werden

Projektpartner:

  • Technische Universität München, Deutschland
  • Universität Bonn, Deutschland
  • Dänische Technische Universität Kopenhagen (DTU), Dänemark
  • Universität Bern, Schweiz
  • Nationales Zentrum für Weltraumforschung (CNES), Toulouse, Frankreich
  • Polytechnische Universität Mailand, Italien
  • Technische Universität Delft, Niederlande
  • Niederländisches Institut für Raumforschung (SRON), Utrecht, Niederlande
  • Technische Universität Graz, Österreich

Projektdauer:

  • 2004 - 2019

Finanzierung:

  • Europäische Raumfahrtagentur ESA

Projektbezogene Datenpublikationen:

  • Förste, Christoph; Abrykosov, Oleh; Bruinsma, Sean; Dahle, Christoph; König, Rolf; Lemoine, Jean-Michel (2019): ESA’s Release 6 GOCE gravity field model by means of the direct approach based on improved filtering of the reprocessed gradients of the entire mission (GO_CONS_GCF_2_DIR_R6). GFZ Data Services. https://doi.org/10.5880/ICGEM.2019.004
  • Förste, Christoph; Bruinsma, Sean.L.; Abrykosov, Oleh; Lemoine, Jean-Michel; Marty, Jean Charles; Flechtner, Frank; Balmino, Georges; Barthelmes, Franz; Biancale, Richard (2014): EIGEN-6C4 The latest combined global gravity field model including GOCE data up to degree and order 2190 of GFZ Potsdam and GRGS Toulouse. GFZ Data Services.
    https://doi.org/10.5880/icgem.2015.1
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