Seismisches Array im Erdbebengebiet bei Santorini installiert

Die Insel Anydros liegt direkt über der aktiven Zone nahe Santorini. Ein Array aus Erdbebenmessgeräten wird dort jetzt auch leichte Beben und andere Bewegungen erfassen.

Ein Team des GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung hat ein Array aus Erdbebenmessgeräten und weitere Sensoren auf der unbewohnten Insel Anydros in der Ägäis aufgebaut. Anydros liegt direkt über der aktiven Zone nahe Santorin mit Tausenden von Erdbeben in den letzten Wochen. Ziel ist es, dort auch kleine Erdbeben mit sogenannten Arrayverfahren messen zu können. Das Team aus der GFZ-Sektion „Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren“ möchte außerdem langsame Erdbeben – sogenannte Slow-Slip-Events – erfassen, die die Wegbahnung von Magma erkennen lassen. Die Mess-Stationen wurden in Kooperation mit dem Nationalobservatorium in Athen, kurz NOA, aufgebaut. Hinzu kommt eine neue GPS-Station auf Anydros, um die aktuell beschleunigten Bewegungen der Insel noch genauer erfassen zu können. Da die Insel Anydros schwer zugänglich ist, sind die Stationen autark mit Solarpanelen ausgestattet. In einem zweiten Schritt im Frühling sollen die Geräte dann weiter aufgerüstet werden und Daten in Echtzeit nach Athen und Potsdam senden.

Füllt sich gerade eine Magmakammer? 

Die Südägäis in Griechenland ist tektonisch und vulkanisch sehr aktiv. Das liegt daran, dass sich südlich von Kreta die afrikanische Erdplatte unter Europa schiebt. Dadurch entstehen Spannungen in der Ägäischen Platte, was immer wieder – zu teils auch starken – Erdbeben führt. Zudem steigt als Folge davon Magma auf. Das führt zur Bildung von Vulkanen entlang eines Bogens zwischen Athen und der türkischen Westküste. Santorin und die umliegenden Inseln der Kykladen liegen im Zentrum dieses Bogens und sind ein beliebtes Ziel für Touristen. Sie stehen daher besonders im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Seit mehreren Monaten bebt dort verstärkt die Erde und Inseln wurden wegen möglicherweise bevorstehender größerer Erdbeben oder Eruptionen vorsorglich teilweise evakuiert und Schulen geschlossen. 

Die aktuell seismisch aktive Zone konzentriert sich auf den Bereich zwischen Santorin und Amorgos, wo sich 1956 zwei starke Erdbeben mit Magnituden über 7 innerhalb von wenigen Minuten ereigneten und die auch zu einem lokalen Tsunami mit etwa 30 Metern Wellenhöhe auf Amorgos führten. Auch die damalige Hauptstadt von Santorini, Oia, wurde zerstört. Direkt im aktuellen Epizentralgebiet liegt die unbewohnte Felseninsel Anydros. Sie wurde und wird auch jetzt noch entlang einer sogenannten Horststruktur in die Höhe geschoben und dabei gekippt. Entlang dieser „Aufschiebungsbahnen“ kann dann auch Magma aufsteigen – eine mögliche Erklärung für die aktuelle seismische Krise. Die Erdbeben weisen auf das Füllen einer Magmakammer in einigen Kilometern Tiefe hin. Während die Erdbebenaktivität aktuell abnimmt, werden weiterhin kleiner Erdbeben auftreten, die mit den festinstallierten seismischen Stationen des griechischen Erdbebennetzes auf den umliegenden Inseln nur unzureichend detektiert werden können. 

Hochgenaue Ortung von kleinen Erdbeben

Um aber eben auch diese kleinen Erdbeben mit sogenannten Arrayverfahren doch und in unmittelbarer Nähe messen zu können, hat nun ein Team des GFZ aus der Sektion „Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren“ auf Anydros direkt über der aktiven Zone ein Array aus unterschiedlichen Seismometern und Deformations-Sensoren aufgebaut. Ziel ist es, neben kleinen vulkan-tektonischen Erdbeben auch langsame Erdbeben („Slow-Slip-Events“) zu erfassen, die die Wegbahnung von Magma erkennen lassen. Die Mess-Stationen wurden in Kooperation mit dem Nationalobservatorium in Athen, kurz NOA, aufgebaut. Zeitgleich installierten die Kollegen von NOA auch eine GPS-Station auf Anydros. Diese soll die aktuell beschleunigten Bewegungen der Insel noch genauer als bisher erfassen. 

Projektleiter Prof. Dr. Marco Bohnhoff vom GFZ erklärt: „Durch die Platzierung mehrerer hochfrequenter Seismometer können wir quasi wie mit einer Ortungs-Antenne die Mikrobeben in der Tiefe lokalisieren und feststellen, ob die Seismizität und damit das Magma weiter Richtung Oberfläche aufsteigt und damit eventuell zur Ausbildung neuer Vulkane führt oder ob das Magma zunächst stationär in der Tiefe verharrt. Auch eine Bewegung Richtung Santorini ist möglich und wurde Mitte Februar beobachtet.“ Diese Information ist für die griechischen Behörden von großer Bedeutung, um Gefährdungsszenarien gegebenenfalls anpassen und die Bevölkerung besser warnen zu können. 

Bohnhoff weiter: „Zudem haben wir durch die im Zentrum der Insel aufgebaute Multisensorstation das gesamte Frequenzspektrum an Messsignalen im Blick und damit eine bisher nicht erreichte Bandbreite direkt im Zentrum der aktuellen seismischen Krise.“ 

Topic 3: Ruhelose Erde │GFZ

Wissenschaftlicher Kontakt

Medien Kontakt

zurück nach oben zum Hauptinhalt