Vom Ozean zur Küste
Hintergrund
Schwankungen des Meeresspiegels treten in der Erdgeschichte auf verschiedenen zeitlichen Skalen im Zusammenhang mit Warm- und Kaltphasen unseres Planeten auf, in den letzten Dekaden ist ein anthropogener Anstieg das dominante Signal. Zur Erfassung der Änderungen in den letzten Dekaden werden die Satellitenmessungen verschiedener bereits abgeschlossener und noch aktiver Radaraltimetermissionen ausgewertet, verbessert und harmonisiert. Zudem werden Phänomene des globalen und regionalen Meeresspiegels und seiner Variabilität untersucht, aber auch die Auswirkungen an den Küsten.
Der aktuelle Mittelwert des globalen Anstiegs, der unter Verwendung der Radaraltimetrie aus den vergangenen 32 Jahren (in der geographischen Breite von ±60°) abgeleitet wurde, liegt bei ca. 3,5mm/Jahr. Er kann regional deutlich kleinere oder größere Werte annehmen. Zudem sinkt in einigen Küstenregionen die Erdoberfläche lokal erheblich ab (Subsidenz), was z.B. durch intensive Grundwasserentnahme („Sinking Jakarta“) oder Erdgasförderung hervorgerufen wird. Diese Effekte erzeugen dann lokal ein Vielfaches an „relativem“ Meeresspiegelanstieg. In unserem Beobachtungsprogramm zu Gefahren von lokalen Meeresspiegeländerungen betreiben wir gemeinsam mit Partnern drei GNSS-kontrollierte Pegel in Indonesien (Surabaya, Semarang, Jakarta). Die Küstenabschnitte von Semarang und Jakarta weisen eine jährliche Senkung von bis zu 10 cm auf und stellen somit eine signifikante Naturgefahr für die Bevölkerung dar.
Der langfristige Anstieg des Meeresspiegels wird überlagert von einer Variabilität mit Zeitskalen von Jahren bis Jahrzehnten, die durch Klimaschwankungen verursacht wird. Um den langfristigen Trend präziser bestimmen zu können, verknüpfen wir die Messungen mit atmosphärischer und ozeanischer Variabilität und untersuchen die relevanten Prozesse. Mit Hilfe von optimierten Radaraltimeterdaten kann die Variabilität des Wasserstands bis nah an die Küsten beobachtet werden. So arbeiten wir beispielsweise an der verbesserten Schätzung von langfristigen Meeresspiegeltrends an der Nordseeküste sowie an der Untersuchung von Extremereignissen wie Sturmfluten. Die 2-D Wasserstandsmessungen der neuen SWOT-Mission ermöglichen zudem die Analyse der kleinräumigen Ozeandynamik in Küstennähe. Ein Beispiel für deren Erforschung ist das Einstromereignis von salzigem Nordseewasser in die Ostsee im Dezember 2023.
Wissenschaftliche Schlüsselfragen
- Wie hat sich sich der globale und regionale Meeresspiegel seit 1990 verändert?
- Welche Gefahren resultieren aus der Kombination von Meeresspiegelanstieg und Subsidenz für Küstenbewohner?
Zugehörige Projekte
- COLSATI | Dynamik des Wasserstands an der Küste, beobachtet mit Satellitenaltimetrie und Gezeitenpegeln
- Ready for SWOT | Variabilität der Wasserstände an den Küsten und im Landesinneren, gemessen durch SWOT
- Sinking Jakarta | Gefährdungspotential von Meeresspiegelanstieg und Subsidenz in Südostasien
- ADS | Harmonisierte Radar-Altimeterdaten